Die Entstehung des Patriarchats und sein Siegeszug des „Teile und Herrsche“ quer durch Europa und darüber hinaus! Eine lange Geschichte der Spaltung!

Ich nehme wahr, das Wort Patriarchat ist modern geworden. Ob in einer politischen Ansprache, in einem wissenschaftlichen Interview oder in einem Leserkommentar in gängigen Medien. Immer öfter fällt dieses Wort. Und auch in Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen im Arbeitsumfeld oder im Freundes- und Bekanntenkreis reden Menschen, wenn sie sich kritisch mit unserer Gesellschaft auseinandersetzen, plötzlich von Patriarchat. Auch Männer!

Ich finde es gut, dass wir darüber sprechen und uns dazu austauschen, denn es stellt sich für mich immer wieder heraus: dieser Begriff ist „glitschig wie ein Fisch“! Möchte ich ihn greifen, beschreiben, definieren, dann entgleitet er mir und ich stehe wieder vor einer neuen Facette, der ich vorher keine Beachtung geschenkt habe. Denn Patriarchat alleine mit dem Begriff Männerherrschaft zu übersetzen greif viel zu kurz. Was ist es aber dann? Wir werden sehen … beginnen wir mit seiner Entstehungsgeschichte:

Die Entstehung des Patriarchats war ein langer Prozess und entwickelte sich in verschiedenen Gegenden zu verschiedenen Zeiten.

Das friedliche Europa, mit einer seiner ältesten Hochkulturen Europas – der Donauzivilisation, wie Harald Haarmann diese nennt (1) – deren Anfänge in der Jungsteinzeit liegen und die ihre Hochblüte in der Kupferzeit erlebte, war gekennzeichnet von Städten mit beachtlicher Größe, Tempel, die mehrere Stockwerke hoch waren, einer sakralen Schrift, geräumigen Häusern, professioneller Töpfer- und Weberarbeit, Kupfer und Goldschmiede und anderem Kunsthandwerk. Durch die komplette Abwesenheit von Verteidigungsanlagen, Kriegsutensilien und durch das Vorhandensein einer egalitären Baukunst und Begräbnisritualen kann in Europa davon ausgegangen werden, dass es in der längsten Zeit von einer friedlichen Gesellschaft in Balance bewohnt wurde.

Die Forschungen der Archäologin Marija Gimbutas (2) zeigen auf, dass vor etwa 5.000 Jahren kriegerische Reiterstämme, ausgehend von nördlich des schwarzen Meeres, die bis dahin friedlich lebende, indigene Bevölkerung von Europa in mehreren Wellen mit Waffengewalt überrannt haben. Heide Göttner Abendroth beschreibt (3), dass dies ursprünglich durch klimatische Veränderungen in den nördlichen Steppengebieten von Osteuropa ausgelöst wurde.

Modernste DNA-Analysen haben die Forschungen von Gimbutas bestätigt (4) und zeigen ein erschreckendes Bild. In manchen Gebieten Europas, etwa im heutigen Spanien, wurden praktisch über Nacht alle Spuren der männlichen Population ausgelöscht (5). Die männliche Bevölkerung wurde getötet und die Frauen unter den Eroberern verteilt. In den Genen der Nachkommen findet sich keine Spur der männlichen einheimischen Bevölkerung mehr, nur die Frauen überlebten.

Patriarchat = Unterdrückung und Ausbeutung der Mehrheit der Männer, aller Frauen und Kinder!

Welche Auswirkung dies auf die bis dahin friedlich lebenden Menschen in Europa hatte ist schier unvorstellbar! Mit einem Schlag waren alle friedlebenden, matriarchalen Männer ausgelöscht. Abgesehen von dem Erbgut, dass diese gewalttätigen Männer nun weitergaben, stellen sich die Fragen: Welche Auswirkung hatte das auf die Buben, welche Vorbilder hatten sie ab diesem Zeitpunkt. Wie wurden sie erzogen? Wie musste ab nun ein Mann sein? Und: Wie erging es den Frauen und Mädchen in einer Welt gewalttätiger Männer?

Jede und jeder von uns kann sich hier eigene Vorstellungen davon machen, welcher Schrecken, welche Gewalt und welche Traumatisierungen ab dieser Zeit die Menschen in Europa durch die Hände der Eroberer erfuhren. James deMeo skizziert in seinem Buch Saharasia (6) mit dem Untertitel „Die 4000 v.Chr. wurzelnden Anfänge von Kindesmissbrauch, sexueller Unterdrückung, Kriegsführung und sozialer Gewalt in den Wüsten der alten Welt“ eine Jahrtausende alte Tradition der Gewalt an Kindern und Frauen.

Auch in Gebieten, die nicht von solcher Radikalität getroffen wurden, begann sich durch die aufkommende Gewalt das Zusammenleben und die Werte zu verändern. Die Menschen kamen in große Not. Als Reaktion auf die Überfälle gewannen die Verteidigung und der Schutz der Siedlungen und damit die Krieger an Bedeutung.

Die Begründerin der modernen Matriarchatsforschung Heide Göttner-Abendroth zeichnet in ihrem Buch „Geschichte matriarchaler Gesellschaften und Entstehung des Patriarchats“ (3) diesen Prozess nach:

Die Anfänge des „Teile und Herrsche!“ – die Herausbildung erster hierarchischer Tendenzen

Über die Figur des charismatischen Führers und Retters mit seiner Gefolgschaft entwickelten sich innerhalb der Gesellschaft erste hierarchische Tendenzen. Um Allianzen gegen die Gefahren von anderen Völkern zu bilden, wurde es wichtig, Stärke zu beweisen und diese mit Reichtum und Besitz zur Schau zu stellen. Das Konzept des Privateigentums nahm seinen Beginn. Aufgrund der klimatischen Veränderungen wurde der Ackerbau schwieriger und die Viehzucht gewann an Bedeutung. Der Fleischkonsum stieg und somit die ökonomische Abhängigkeit von Viehbesitz, der in Männerhand kam. Auch exotische Güter wie Kupfer und Gold wurden immer wichtiger und so verwandelte sich die matriarchale Schenke-Ökonomie zu einem Tausch-Handel mit immer größerer Kontrolle über die Transportwege.

Die friedlich lebenden matriarchalen Kulturen kamen immer mehr in Bedrängnis. Sie waren gezwungen sich selbst zu bewaffnen und zu verteidigen oder sie wurden erobert. Die Erfindungen der Menschen wurden immer stärker militärisch gelenkt und es entwickelten sich das Kriegshandwerk mit der Entwicklung des Streitwagens und immer mehr Metallverarbeitung auch für Waffen.

Nicht innerhalb einer Gesellschaft, sondern mit der Überlagerung und Unterwerfung anderer Kulturen begann die patriarchale Ideologie zu entstehen und sie griff beständig um sich.

Heide Göttner-Abenroth betont, dass sich die patriarchale Ideologie nicht innerhalb einer eigenen Gesellschaft entwickelt hat, sondern dass sie mit der Eroberung und Unterdrückung anderer Völker begann. Und mit ihr verloren die Frauen immer mehr ihre ökonomische Bedeutung und Unabhängigkeit. Der Mann will nun seine Güter an sein Ebenbild vererben, nicht an seine Frau. Er braucht nun einen Erben, einen Sohn. Und die Männer mussten sicherstellen der alleinige Sexualpartner ihrer Frau bzw. Frauen zu sein, zu Beginn über Prestige dann immer mehr über Gewalt und Erniedrigung. Das Privateigentum von Viehbesitz wurde auf die Frauen übertragen und die soziale Erniedrigung und Entwürdigung der Frauen nahm seinen Lauf. Das englische Wort „wedding“ für Hochzeit stammt vom Wort „Viehführen“, der Mann führt sich eine Frau = Vieh zu, um einen Sohn zu gebären.

Die matriarchalen Clans wurden von außen durch Krieg zerstört und die elitäre Kriegerkaste baute die Gesellschaft Schritt für Schritt um, in dem Sie mit Gewalt die Vaterlinie einführte. Auch die Vorstellung des Göttlichen veränderte sich von der einer allumfassenden Großen Mutter hin zu einem alleinherrschenden Vatergott.

Das Gesicht des Patriarchats hat sich über die lange Zeitdauer seiner Existenz immer wieder verändert.

Im Norden wie im Süden Europas entstanden über die Jahrhunderte und Jahrtausende patriarchale Kriegervölker, die zu Großreichen und Imperien wuchsen, indem sie andere Völker überrannten und sich einverleibten. Sie bekämpften sich aufs grausamste untereinander, um dann nach einiger Zeit wieder zu zerfallen. Seien es die Kelten und Germanen im Norden, die Hunnen aus dem Osten, das babylonische oder das ägyptische Reich, die Griechen oder die Römer im Süden. Auf ihrem Schutt entstanden wiederrum die nächsten Formen der patriarchalen Macht nach gleichem Muster und sie gewannen Schritt für Schritt an erbarmungsloser Professionalität.

Wo zu Beginn - etwa bei den Kelten und auch bei den Germanen – obwohl bereits hierarchisch organisiert – Frauen noch die Positionen von Priesterinnen, Königinnen und Kriegerinnen einnahmen, wurden sie immer weiter verdrängt. Auch im Namen des alleinigen Vatergottes wurde auf brutale Weise erobert, unterworfen und gemordete. Diese Völker begannen nun auch eine Form der Schrift zu entwickeln, die nicht wie früher sakralen Inhalt hatte, sondern sie schrieben ihre Gesetze, ihren Besitz, ihre Siege nieder und ließen dadurch Geschichte erst mit ihnen entstehen. Alles vor ihnen verschwand in der Bezeichnung „graue Vorzeit“ und „Barbarentum“.

Doch diese Eroberungen ging nicht ohne erhebliche Gegenwehr der Menschen – Männer wie Frauen – einher.

Gerda Lerner schreibt in ihrem Buch „Die Entstehung des Patriarchats“ (7) etwa über die Ursprünge der Verschleierung von Frauen. Diese Reglementierung der Bekleidung von Frauen wurde unter dem Herrscher Hammurabi (1.792 – 1.750 v. Chr.) in Babylon, im Gesetzeskodex mittelasyrischen Rechts, unter §40 festgeschrieben und klassifizierte Frauen in „respektable“ – jene mit Schleier - und „nichtrespektable“ – jene die keinen Schleier tragen durften. Er legte damit den Grundstein der Entsolidarisierung von Frauen, von Frauenfeindschaft und von Schwesternhass untereinander. Die Strafen, für die Nichtbefolgung des Gesetzes, waren brutal und wurden öffentlich vollzogen - für Frauen wie für Männer, die nicht aufmerksam genug waren, um Frauen, die sich nicht an die Regeln hielten, anzuzeigen und zu verfolgen. Die Strafen, mit denen Männer bedroht wurden, haben laut Gerda Lernen eine interessante Bedeutung. Sie verraten, dass die Durchsetzung ein Problem darstellte und es wohl heftige Gegenwehr seitens der Männer gab.

Das minoische Kreta: Seefahrer und Priesterinnen!

Am längsten hält sich eine friedliche, egalitäre Kultur im minoischen Kreta, die durch ihre geschützte Insellage die Patriarchalisierung großer Teile des Kontinents noch lange überdauern konnte. Die Schönheit und Eleganz des minoischen Kretas haben alle Wissenschaftler erstaunt, die sich mit ihr befassten, und es wurde gesagt, dass sie einen „unvergleichlichen Zauber und die vollkommenste Bejahung der Anmut des Lebens ausstrahlte, die die Welt je gesehen hat.“ So schreibt Heide Göttner-Abendroth in ihrem Buch (3): „Die Altkreter waren eine friedliche Meereszivilisation mit einem weiten Handelsnetz – mit einer großen Schiffsflotte - in der sie in der gesamten ägäischen Region unterwegs waren. Eine Kultur mit Häusern und Tempelpalästen mit wunderbaren Wandornamenten, eine Kultur mit exquisitem Kunsthandwerk und einem ästhetischen Körperbewusstsein und -pflege. Die Wissenschaft zeichnet eine egalitäre, matriarchale und friedliche Lebensweise und die Abwesenheit von Hierarchie und Krieg nach.“

Der Untergang der minoischen Kultur geschah auf außerordentliche Weise durch den Ausbruch des Vulkans auf Santorin (ab 1.450 v. Chr.). In weiterer Folge wurde die Insel von den patriarchalen Mykenern und Spartanern erobert, die sich das Wissen und die Technik dieser Hochkultur einverleibten, es jedoch nie zu deren Umsetzungsqualität und Kunstfertigkeit brachten. Das patriarchale Seefahrervolk der Venezianer hat ihr Wissen und Bootsbaukunst von den minoischen Seefahrern die auch als Phönizier bekannt waren.

Ebenso ging es den matriarchalen Etruskern in Italien, die von den Römern erobert wurden.

Die uns bekannten „Hochkulturen“ der Griechen und Römer als scheinbarer Maßstab aller Dinge, sind also nur ein Abklatsch der wirklichen Hochkultur des minoischen Kretas und der Etrusker. Und die griechischen Philosophen, als auch später ihre römischen Kollegen, waren sehr bemüht, die Frauenfeindlichkeit immer mehr auch geistig fest zu verankern und in weiterer Folge mit Ausdehnung des römischen Imperiums in ganz Europa zu verbreiten.

Das Patriarchat greift um sich: Krieg als Maß aller Dinge!

Nach dem Niedergang der Griechen und Römer entstanden Herrschaftshäuser und Adelsgeschlechter und Europa wurde zunehmend zwischen den verschiedenen aristokratischen Familien aufgeteilt. Die Kriege verschlangen Unmengen an Menschenleben und die Heere verlangten nach Nachschub bei den Soldaten. Das Schicksal der Frauen nahm weiter seinen Lauf.

Die bäuerliche Bevölkerung, in der noch viel an den alten Bräuchen lebendig war und in der die Menschen auch noch viel an Heil- und Kräuterwissen besaß, kam immer mehr unter Druck.

Doch die Menschen wehrten sich!

Die Renaissance der Liebe: Beginen, Minnesang und die Wiedererweckung des weiblichen Prinzips!

Anne Baring schreibt in einem Artikel (8) auf ihrer Website über die Zeit des Mittelalters, speziell um das 12. Jahrhundert, von einer Zeit des Aufbruchs und der neuen Möglichkeiten. Sie zeichnet das Bild eines riesigen Kessels in die Männer und Frauen, Ideen und Institutionen geworfen wurden, in einen Prozess der Transformation die in ihrer Intensität apokalyptische Züge annahm und mit unserer jetzigen Zeit des 21. Jahrhunderts vergleichbar ist. Einer Zeit der Beginenkonvente, einer starken spirituellen Frauenbewegung, und von Frauenzünften, die auch große wirtschaftliche Macht erlangten und sogar Städten Geld liehen. Einer Zeit des französischen Languedoc mit der Katharerbewegung, der Troubadoure und dem Minnesang zur Verehrung der Frauen und des weiblichen Prinzips. Die Zeit einer Hildegard von Bingen oder einer Esclamonde de Foix, starke Frauen mit großem Einfluss auf eine ganze Kultur. Die Zeit von Franz von Assissi oder Dante, Männer die einen neuen Weg der Geschwisterlichkeit verkündeten.

Sie alle kamen in Konfrontation mit der immer mehr erstarkenden Kirche und Staatsmacht, ihren Kreuzzügen und grausamen Unterdrückungen. Eine Zeit der Blühte und der zarten Wiedererweckung des matriarchalen, lebensbejahenden Prinzips wurde abgelöst von einer Epoche der Tyrannei, des Abschlachtens und des Barbarismus, aus der wir bis heute nicht wieder erwacht sind.

Das Schicksal Europas! Das kapitalistische Patriarchat.

Die Religions- und Territorialkriege zwischen den Mächtigen Europas verursachten Hungersnöte und Seuchen und entvölkerten ganze Landstriche. Mit welcher Unterwerfung und mit welchem Leid dies bei den Menschen einherging lassen die geschichtlichen Zeugnisse nur erahnen.

Durch die Entdeckung von neuen Erdteilen wie etwa Amerika und seine Eroberung gewann die Unterdrückung der Menschen, vor allem der Frauen, in Europa noch mehr an Bedeutung. In Zeiten von massiver Expansion, in der das Augenmerk der Herrschenden nur auf die Ausdehnung und Unterwerfung der fremden Länder gerichtet war, durfte es in den eigenen Ländern Europas auf keinen Fall zu Unruhen und Aufständen kommen und damit eine mögliche Gefährdung der Eroberungszüge entstehen. Die Inquisition und Hexenverbrennungen in der Neuzeit taten das ihre dazu, dies zu verhindern. Das matriarchale Erbe Europas mit seinen mündlich tradierten Weisheiten und dem uralten Heilwissen wurde (fast) endgültig vernichtet und ausgelöscht. Diese Entmachtung und Vernichtung der Frauen und ihre absolute Unterwerfung hatte erhebliche Auswirkungen auf die Gesellschaft und wir können heute feststellen, dass ohne diesen größten Femizid der Menschheitsgeschichte, der Kapitalismus nie hätte Fuß fassen können.

Parallel zu diesen Entwicklungen entstanden nach und nach Klosterschulen gefolgt von Universitäten, zu denen nur Männer zugelassen wurden. Die Spaltung zwischen Mann und Frau verschärfte sich weiter und die Frauen wurden immer mehr von Wissen und Wissensvermittlung abgeschnitten und in die künstliche Verdummung getrieben. Die Trennungsideologie, die in den monotheistischen Religionen seinen Anfang nahm, bekam durch den entstehenden Wissenschaftsbetrieb eine neue Wendung. Die Trennung zwischen „Mensch und Natur“ und der Annahme, dass Natur tote Materie beherrschbar ist und dadurch einfach ohne Rücksicht auf Verluste ausgebeutet werden kann. Die Gewalt gegen die Erde, die Gewalt gegen Frauen und die Gewalt gegen indigene Völker verstärkte sich immer mehr. Eine sehr fundierte Analyse zu diesen Entwicklungen- jedoch wahrlich keine Abendlektüre – bietet hierzu Silvia Federici in ihrem Buch „Caliban und die Hexe – Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation“ (9).

Der Wahlspruch der französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!“ spricht eine klare Sprache: Frauen haben dabei nichts verloren!

Die lang ersehnte Befreiung von den herrschenden Adelsgeschlechtern und der Beginn der Abschaffung der Monarchien mittels der französischen Revolution hält nur einem oberflächlichen Blick stand.

Das Wahlrecht in der neu entstandenen Demokratie hatten zu Beginn nur reiche, weiße Männer. Dem „Teile und Herrsche“ zwischen Adel, Klerus und der unterdrückten Bevölkerung wich nun dem „Teile und Herrsche“ zwischen den aufkommenden Industriellen und den Lohnarbeitern. Hatten die Menschen vorher noch echtes Recht auf ihren Grund und Boden so wurde Landbesitz nun vom Staat kategorisiert, und unter Steuer vergeben. Männer wurden in die Lohnarbeit und Abhängigkeit von Fabriksbesitzern gedrängt. Und die Frauen immer mehr ins Haus und an den Herd verbannt.

Es wurde alles dem Takt von Maschinen untergeordnet und nicht mehr den Jahreszeiten, den Mondphasen und dem Wechsel von Tag und Nacht, sondern die Stechuhren der Fabriken gaben den neuen, mechanischen Rhythmus vor. Das „Teile und Herrsche“ zwischen „Mensch und Natur“ verschärfte sich.

Die Kolonialisierung und Ausbeutung der fremden Länder wurde nun nicht nur unter der Krone, sondern auch unter der Herrschaft der neuen Wirtschaftselite-Elite im Namen von Unternehmen wie etwa der East India Company fortgeführt. Nach der endgültigen Vernichtung der alten Kulturen in Europa wurde die Zerstörung der matriarchalen Ethnien auf anderen Kontinenten vorangetrieben und es wurde ihnen mit Gewalt das eurozentrische, patriarchale Weltbild aufgedrückt und sie wurden brutal ausgebeutet. Der Siegeszug des „Teile und Herrsche“ ging also ungebrochen weiter.

Erste Frauenbewegungen unter Vorbild der matriarchalen Irokesinnen!

Während der Hochblüte der Kolonialzeit war der Tiefpunkt der Frauen durch die künstliche Verdummung erreicht. Durch die massive körperliche als auch geistige und spirituelle Unterdrückung war die Spaltung - das „Teile und Herrsche“ zwischen Mann und Frau - an einem Kipppunkt angelangt. Es musste sich etwas ändern, andernfalls drohte die schiere Entmenschlichung der Frauen. Die Bewegung der Suffragetten ausgehend von Amerika und dann England machte sich stark für die Schulbildung von Mädchen, setze sich ein, dass Frauen an Universitäten studieren konnten und kämpfte für ihr Wahlrecht. Inspiriert wurde diese Bewegung durch den Einfluss der matriarchalen, irokesischen Frauen in Nordamerika auf die weißen Amerikanerinnen (10). Erste Erfolge des Wahlrechts in manchen Teilen Europas konnten erfolgreich gewonnen werden, wenn auch dies etwa in der Schweiz noch einige Jahrzehnte dauern sollte.

Unterbrochen von den beiden Weltkriegen nahm die feministische Bewegung in den 60er und 70er Jahren - die zweite feministische Welle - diese Ideen auf und trieb die Befreiung der Frauen voran. Kurzzeitig als Trümmerfrauen für den erfolgreichen Wiederaufbau der Länder nach den Kriegen verantwortlich, mussten sich die Frauen ihr Recht auf Berufsausübung, auf Kontoführung, sexuelle Freiheit und ein Leben außerhalb Ehe oder Klostermauern weiterhin blutig erkämpfen.

Unsere Großmütter und Mütter waren erfolgreich!

Wir haben es unseren Großmüttern und Müttern in ihrem unermüdlichen, harten Kampf um gleiche Rechte zu verdanken, dass wir hier in Europa diese wichtigen Grundvoraussetzungen implementiert haben. Frauen kämpften für Frauen und Schwestern für Schwestern, während der Staat und viele Männer sich gegen die Gleichberechtigung wehrten. Doch die Spaltung zwischen Mann und Frau ließ sich in vielen Bereichen nicht mehr aufrechterhalten!

Die Ideologie des „Teile und Herrsche“ setzt sich fort: eine moderne Form des Patriarchats

Wir leben in Europa in einer Welt, in der Frauen immer mehr an Gleichberechtigung erfahren. Ist das Patriarchat nun Geschichte?

Ausgehend von der Zerstörung der matrilinearen Clans und die Etablierung von patrilinearen Clans und Großfamilien, die sich von ihrer Entstehung vor etwa 5.000 Jahren bis weit über das Mittelalter mit seiner großteils, bäuerlichen Bevölkerung und den Herrschaftshäusern bis in die Neuzeit fortgesetzt haben, begannen sich diese Großfamilien während der Industrialisierung aufzulösen. Immer mehr wurde eine Atomisierung der Familie in „Vater-Mutter-Kind“ vorangetrieben. Doch der Trend zur Vereinzelung der Menschen ging weiter: alleinerziehende Elternteile – meist Frauen, Patchwork-Familien, Singlehaushalte sind das Ergebnis.

So wichtig der erfolgreiche Kampf der Frauen auf Gleichberechtigung etwa in der Berufsausübung gewesen ist, so tragisch ist es auch, dass es - da wir weiterhin innerhalb des Paradigmas „Teile und Herrsche“ leben - zwangsweise zu Verlierer*innen kommen muss. Die Trennung zwischen den Generationen verschärft sich dadurch, da einerseits die alten, „unproduktiven“ Menschen, in Altenheimen abgetrennt werden und dort vereinsamen und sterben und die Kinder, die vom Kleinkindalter an in Krabbelstuben, Kindergärten und Schulen abgegeben werden und dort von fremden Menschen erzogen werden, um später gut in der Gesellschaft zu funktionieren. Und dieser Trend der Spaltung von Menschen findet in unserer momentanen Krise ihren derzeitigen Höhepunkt.

Nicht zuletzt zählen die Frauen selbst zu den Verliererinnen, denn nach den Männern sind nun auch sie perfekt in die Mühlen des Patriarchats in Form des Kapitalismus eingebunden. Durch die Ideologie des Neoliberalismus, alle Menschen sind gleich und alles ist für alle gleich erreichbar - wenn man sich nur genügend anstrengt - ist das Paradigma der Trennung nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Doch Gleichmacherei ist nicht gleich Gleichberechtigung und kann als moderne Form des Patriarchats angesehen werden, denn es ist eine weitere Form der Unterdrückung!

Einer der größten und mächtigsten Spaltungsmechanismen – die Ungleichverteilung von Geld und Kapital – ist nahezu abgeschlossen. Die Schenke-Ökonomie wurde durch den Tausch-Mechanismus des Handels ersetzt. Doch seit etwa 500 Jahren Kolonialismus und Kapitalismus ist dieser längst abgelöst worden und in den Mechanismus von einseitiger Ausbeutung umgewandelt worden. Der Tausch ist nur mehr Deckmantel für die bestehende Plünderung der allermeisten Menschen, aller Lebewesen und unserer Erde. Derzeit steht es bei der Verteilung von Geld und Kapital bei 99% zu 1%. Wenige Superreiche besitzen nahezu alle Ressourcen und die letzten 1% sollen nun auch durch Trends zur kompletten Abschaffung jeglichen Eigentums umverteilt werden. Und an den Schulen und Universitäten wird längst die Verschmelzung von Mensch und Maschine als Fortschritt und nächste Evolutionsstufe propagiert. Schöne neue Welt!?

Wie kommen wir aus der Nummer wieder raus?

Das Paradigma der Spaltung endgültig durchschauen und den Weg der Heilwerdung betreten!

Ja, was ist nun das Patriarchat? Sind wir jetzt nach diesen vielen Worten gescheiter geworden? Lässt sich dieser „glitschige Fisch“ jetzt besser greifen? Vielleicht sogar ein bisschen festhalten, damit wir ihn näher betrachten können? Ich weiß es nicht … wovon ich jedoch überzeugt bin, ist, dass es von entscheidender Bedeutung ist, den grundlegenden Mechanismus dieses Herrschaftssystems zu durchschauen – denn dieser hat sich bis heute nicht verändert.

Begonnen hat alles vor etwa 5.000 Jahren mit der Spaltung von Mann und Frau und gleichauf mit der Spaltung von Himmel und Erde. Und wir alle – Männer wie Frauen – wurden im Laufe der Jahrhunderte perfekt darin eingebunden und gegeneinander ausgespielt. Im Laufe der Zeit folgte die immer weiter fortschreitende Spaltung von Arm und Reich, von Mensch und Natur, von Körper und Geist, Geist und Materie, die Spaltung von Jung und Alt, von arbeitender und „unproduktiver“ Bevölkerung, der Spaltung der verschiedenen Nationalitäten und gipfelt heute in der Spaltung der verschiedenen Meinungen und Ansichten. Diese Spaltungsmechanismen ließen sich wahrscheinlich endlos fortsetzen.

Das Gesicht, das uns das Patriarchat zeigt, verändert sich und passt sich der jeweiligen Zeit an. Jedoch einmal sein Prinzip der Spaltung durchschaut, kann es uns nicht länger täuschen und verwirren.

Erkennen und überwinden wir die Ideologie der Trennung - dann ist alles möglich. Nur Mut! Lassen wir uns nicht länger gegeneinander ausspielen. Schauen wir diesem Herrschaftssystem und seinem Wirkmechanismus direkt ins Auge und gehen wir zurück an seine Anfänge an seine Wurzeln - um zu Erkennen und zu Begreifen, was wir uns alles angetan haben, um uns um Verzeihung zu Bitten und zu verzeihen und den Weg der Heilwerdung zu betreten.

Es liegt an uns allen, uns wieder lebensfreundlichen Lebensweisen zuzuwenden!

Quellen

(1) Haarmann, Harald, (2017). Das Rätsel der Donauzivilisation - Die Entdeckung der ältesten Hochkulturen Europas. München: C.H.Beck

(2) Gimbutas, Maria (1995). Die Sprache der Göttin. Frankfurt am Main: Zweitausendeins

(3) Göttner-Abendroth, Heide (2019). Geschichte matriarchaler Gesellschaften und Entstehung des Patriarchats, Band III: Westasien und Europa. Stuttgart: W. Kohlhammer

(4) Internetquelle: Lord Colin Renfrew | Marija Redivia: DNA and Indo-European Origins - YouTube

(5) Internetquelle: Spanien: Einwanderung brutal – vor 4500 Jahren wurde jeder Mann in Spanien getötet | STERN.de

(6) DeMeo, James (2006). Saharasia – The 4000BC Origins of child abuse, sex-repression, warfare and social violence in the deserts of the old world. Oregon: Orgone Biophysical Research Lab

(7) Lerner, Gerda (1991): Die Entstehung des Patriarchats. Frankfurt am Main/ New York: Campus Verlag

(8) Internetquelle www.annebaring.com

(9) Federici, Silvia (2017). Caliban und die Hexe. Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. Wien/Berlin: Mandelbaum

(10) Wagner, Sally Roesch (2001). Sisters in Spirit – Haudenosaunee (Iroquois) Influence on Early American Feminists. Summertown Tennessee: Native Voices

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