Krieg will ja nun (fast) niemand. Und die, die den jeweiligen Krieg wollen, halten sich dezent im Hintergrund. Und doch leben wir heute in einer Welt, in der der Krieg wieder zur Normalität wird. Ob in der Ukraine, in Palästina oder sonst wo, im Moment hat der Krieg wieder Hochkonjunktur. Sogar ein Atomkrieg scheint weniger ausgeschlossen als in den vergangenen Jahrzehnten. In Deutschland und Mitteleuropa hatten wir eine ungewöhnlich lange Friedensperiode. Ca. 70 Jahre ohne Krieg, das gab es in den letzten 5000 Jahren sehr selten.
Wir verdanken diese privilegierten Jahre allerding nicht so sehr einem höher entwickelten Bewusstsein oder einer gewachsenen gesellschaftlichen Sensibilität gegenüber Unrecht und Ausbeutung, als zwei eher banalen Umständen. Zum, einen war die Möglichkeit einer totalen Vernichtung dieser Zivilisation zur Zeit der atomaren Abschreckung auch für die Herrschenden selbst ein zu hohes Risiko; zum anderen war unser Frieden in Europa erkauft durch die vielen bewaffneten Konflikte und Stellvertreterkriege in der sogenannten „Dritten Welt“.
Die Geschichte des Patriarchats zeigt uns, dass Kriege keine Ausrutscher oder Betriebsunfälle des Systems sind, sondern einen konstituierenden Faktor bilden, einen Teil der Raubwirtschaft, auf dem die Herrschaft von Menschen über Menschen beruht.
Es begann mit der Entmachtung der Frauen, blieb aber nicht dabei stehen. Das System der Herrschaft unterwarf zuerst die Frauen, die Kinder und schließlich auch den allergrößten Teil der Männer und letztlich all unsere nichtmenschlichen Mitgeschöpfe und die Erde selbst.
Wo es Herrschende gibt, gibt es auch Beherrschte. Schon in der patriarchalen Frühzeit und der Antike lebten die Herrschenden auf Kosten derer, die für sie arbeiten mussten. Man nannte sie Sklaven. Im Feudalismus des Mittelalters wurden sie zu Leibeigenen.
Im Absolutismus der beginnenden Neuzeit waren sie die Untertanen und im Kapitalismus der Moderne nennt man sie beschönigend „Arbeiter“ oder „Arbeitnehmer“.
In vielerlei Beziehung gleichen ihre Lebensbedingungen aber auch denen der Sklaverei, ja sie sind in einigen Bereichen sogar schlechter gestellt als einige der antiken Sklaven. Der moderne „Lohnsklave“ erhält in vielen Weltgegenden sein Gehalt nicht als Gegenwert für seine Arbeit, sondern als eine Art Schmerzensgeld, um Dinge zu tun, die er weder kann noch will oder für sinnvoll hält. Dafür muss er sich auch noch selbst verkaufen, beaufsichtigen und für den Erhalt seiner Arbeitskraft sorgen.
Was haben solche Gedanken in einem Rundbrief zu suchen, in dem es eigentlich um Matriarchate und Patriarchate geht?
Wenn wir es ernst meinen mit dem Frieden, wenn wir wirklich in unserer Gesellschaft für ein Ende der Kriege gehen wollen, dann sollte wir die Erkenntnistiefe unserer eigenen Themenfelder an uns heranlassen. „Der Krieg ist der Vater aller Dinge“ – Dieser Satz stimmt, aber eben nur innerhalb des patriarchalen Paradigmas der letzten 5000 Jahre. Der Wunsch, die Kriege zu beenden ist fast so alt wie des Patriarchat selbst. Er wird jedoch folgenloses Wunschdenken bleiben, wenn wir nicht bereit sind, seine patriarchalen Rahmen -bedingungen in Frage zu stellen.
Viele fragen sich, ob es denn überhaupt denkbar sei, das Patriarchat zu verlassen. Und sie wünschen sich, das Ende seiner Grausamkeiten, wie auch die Kriege, systemimmanent zu ermöglichen.
Der sicherste Weg jedoch, den Krieg zu beenden, wird gleichzeitig der schwerste und der schönste sein, er bedeutet, das Patriarchat zu verlassen.
Wie? ...darüber kann man trefflich diskutieren, doch die Grundvoraussetzung dazu ist: den Willen dazu gemeinsam und kontinuierlich entwickeln.